KURZÜBERSICHT
Erkennen
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Typische Zeichen: zunehmende Rötung, Wärme, Schwellung, Schmerzen, eitriges Sekret.
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Wenn es binnen 24–48 h schlechter wird oder Fieber dazukommt: ärztlich abklären.
Vorbeugen
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Sauber spülen, geeignetes Antiseptikum verwenden, steril abdecken.
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Verband alle 24–48 h wechseln, Hände waschen, Heilung beobachten.
Wundinfektion erkennen und verhindern – so beugen Sie Entzündungen vor

Warum das Thema Wundinfektion jeden betrifft
Eine kleine Schürfwunde beim Sport, ein Schnitt beim Kochen, eine Blase vom Wandern – solche Alltagsverletzungen gehören zum Leben. Meist heilen sie unkompliziert ab. Kommt es jedoch zu einer Besiedelung mit Keimen, kann sich eine Infektion entwickeln. Das verzögert die Heilung, erhöht das Narbenrisiko und kann – unbehandelt – ernsthafte Komplikationen verursachen. Jede offene Wunde ist grundsätzlich ein möglicher Eintrittspunkt für Erreger. Deshalb ist es wichtig, Wundinfektion erkennen und vorbeugen zu können: Anzeichen früh deuten, richtig reagieren und die Wundpflege konsequent umsetzen.
Gerade gefährdete Personengruppen wie Menschen mit Diabetes, ältere Personen oder Patientinnen und Patienten mit geschwächtem Immunsystem profitieren von klaren, alltagstauglichen Maßnahmen. Dieser Ratgeber fasst die wichtigsten Punkte zusammen – verständlich für Betroffene und Angehörige, zugleich hilfreich für Pflegekräfte.
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Wundinfektion erkennen – typische Symptome
Eine beginnende Infektion zeigt sich häufig durch:
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zunehmende Rötung rund um die Wunde (die Rötung „wandert“ oder breitet sich aus)
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Wärme und Schwellung
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Schmerzen oder wachsende Druckempfindlichkeit
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Eitriges Sekret, unangenehmer Geruch oder deutlich mehr Wundflüssigkeit
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Verzögerte Heilung über mehrere Tage ohne sichtbare Besserung
Warnhinweise für eine ärztliche Abklärung noch am selben Tag: Fieber, Schüttelfrost, rote „Lymphstreifen“ von der Wunde weg, starke Schmerzen, neu auftretende Gefühlsstörungen, rasche Verschlechterung – insbesondere bei Kindern, Seniorinnen/Senioren, Diabetiker/innen oder wenn die Wunde im Gesicht, an Gelenken oder im Intimbereich liegt.
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Ursachen – wie entsteht eine Wundinfektion?
Am häufigsten sind Bakterien wie Staphylococcus aureus oder Streptococcus pyogenes beteiligt. Sie gelangen in die Wunde zum Beispiel durch:
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Kontakt mit Schmutz/Erde oder verunreinigten Gegenständen
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Biss- und Stichwunden, aber auch tiefe Schnitt- und Rissverletzungen
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Unsachgemäße Wundversorgung (kein Spülen, keine Abdeckung)
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Seltene Verbandswechsel bzw. durchnässte Wundauflagen
Besonders gefährdet sind chronische Wunden (z. B. Ulcus cruris, diabetischer Fuß, Dekubitus) sowie Wunden bei schlechter Durchblutung. Auch Rauchen, Mangelernährung, Dehydrierung und Stress können die Wundabwehr schwächen.
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Risikofaktoren – wer besonders aufpassen sollte
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Diabetes mellitus (eingeschränkte Durchblutung, Neuropathie, verzögerte Heilung)
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Immunschwäche (z. B. durch Erkrankungen, Medikamente)
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Senioren (dünnere, trockene Haut; langsamere Zellregeneration)
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Sportler & Outdoor-Fans (häufige Mikroverletzungen, Schürfungen, Blasen)
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Raucher/innen (Gefäßverengung, schlechtere Sauerstoffversorgung)
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Mangel-/Unterernährung (zu wenig Eiweiß, Vitamin C, Zink)
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Vorbeugung – so reduzieren Sie das Infektionsrisiko
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Schnell spülen: Lose Verschmutzungen mit sauberem, lauwarmem Wasser oder steriler Kochsalzlösung entfernen.
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Sanft desinfizieren: Ein modernes, brennfreies Antiseptikum auftragen (für offene Wunden geeignet).
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Steril abdecken: Atmungsaktive Pflaster/Verbandstoffe nutzen; Wunde nicht austrocknen lassen (feuchtes Milieu fördert die Heilung).
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Regelmäßig wechseln: Verband spätestens alle 24–48 Stunden erneuern oder früher, wenn er durchnässt/verschmutzt ist.
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Hände waschen: Vor und nach jeder Wundversorgung sorgfältig mit Seife reinigen.
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Beobachten: Rötung, Schmerz, Sekretmenge – ändert sich etwas zum Schlechteren, ärztlich prüfen lassen.
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Lebensstil: Ausreichend trinken, eiweiß- und mikronährstoffreich essen (u. a. Vitamin C, Zink), Rauchstopp.
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Impfstatus checken: Tetanusauffrischung in der Regel alle 10 Jahre (bei Verletzungen ggf. früher).
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Erste Hilfe Schritt für Schritt
1) Blutung stillen
Mit steriler Kompresse Druck ausüben, verletzte Extremität hochlagern. Bei starken Blutungen rasch medizinische Hilfe holen.
2) Wunde reinigen
Unter fließendem Wasser oder mit Kochsalzlösung spülen; grobe Partikel vorsichtig entfernen. Tiefe eingebettete Fremdkörper nicht selbst herausziehen, sondern abdecken und zum Arzt.
3) Antiseptik
Ein geeignetes Wundantiseptikum dünn auftragen. Hochprozentiger Alkohol ist für frische Wunden ungeeignet.
4) Abdecken
Atmungsaktives Pflaster/Verband auflegen. Für nässende Wunden saugfähige Auflagen verwenden; Verklebungen beim Wechsel vermeiden (z. B. mit nicht haftenden Wundkontaktschichten).
5) Ruhigstellen & schützen
Reibung und Zug vermeiden, ggf. Polsterung anbringen. Wärme halten (kalte Haut heilt schlechter).
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Feuchte vs. trockene Wundbehandlung – was ist sinnvoll?
Die feuchte Wundbehandlung hat sich bei vielen Wundarten bewährt: Das kontrolliert feuchte Milieu begünstigt Zellmigration und Granulation, reduziert Krustenbildung und kann die Narbenbildung mindern. Moderne Wundauflagen (z. B. Schäume, Hydrogele, Hydrokolloide) werden je nach Wundphase gewählt. Bei unkomplizierten, primär verschlossenen Wunden (z. B. genähte Schnittwunden) genügt häufig eine trockene sterile Abdeckung für wenige Tage. Entscheidend ist die Passung der Auflage zur Wundsituation – im Zweifel Hilfe bei Pflegefachpersonen oder Ärztinnen/Ärzten einholen.
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Behandlung – wann reicht Selbstmanagement, wann Arzt?
Selbst möglich (bei kleinen, sauberen Wunden ohne Warnzeichen):
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Spülen, desinfizieren, abdecken, täglich kontrollieren.
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Leichte Rötung und Schmerz klingen binnen weniger Tage ab.
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Pflaster/Verband regelmäßig wechseln.
Zum Arzt sollten Sie, wenn …
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Rötung, Schmerzen, Sekret zunehmen oder Fieber auftritt.
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die Wunde tief, klaffend, stark verschmutzt oder im Gesicht/Gelenkbereich liegt.
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es sich um Bisswunden handelt (Infektionsrisiko!).
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Sie Diabetes, Durchblutungsstörungen oder Immunschwäche haben.
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der Tetanus-Status unklar ist.
Ärztinnen und Ärzte entscheiden, ob eine primäre Versorgung (Naht/Klammer/Hautkleber) sinnvoll ist, oder ob eine sekundäre Behandlung mit Débridement, feuchten Auflagen und späterem Verschluss besser ist. Bei ausgeprägten Infektionen können Antibiotika nötig sein – stets nach ärztlicher Diagnose, nicht „auf Verdacht“.
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Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden
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„An der Luft heilen lassen“: Trockener Schorf verzögert oft die Heilung. Besser: kontrolliert feuchtes Milieu.
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Ungeeignete Desinfektion: Brennender Alkohol oder aggressive Lösungen schädigen Gewebe. Besser: moderne, gewebeschonende Antiseptika.
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Verklebte Verbände abreißen: Reißt neues Gewebe wieder auf. Tipp: kurz anfeuchten, nicht haftende Schichten einsetzen.
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Zu seltene Verbandswechsel: Durchnässte Auflagen begünstigen Keime.
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Rauchen & Mangelernährung: Beides verschlechtert die Durchblutung bzw. Zellneubildung.
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Am Schorf zupfen: Reißt Mikrorisse, bringt Keime ein – lieber in Ruhe lassen.
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Ernährung & Lebensstil – Heilung von innen unterstützen
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Eiweiß (z. B. Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Fisch, Eier, mageres Fleisch) liefert Baustoffe für neue Zellen.
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Vitamin C (z. B. Beeren, Paprika, Zitrusfrüchte) unterstützt die Kollagensynthese.
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Zink (z. B. Haferflocken, Nüsse, Hülsenfrüchte) fördert Zellteilung und Immunsystem.
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Ausreichend trinken (Faustregel: ca. 30 ml/kg/Tag, wenn medizinisch nichts dagegen spricht).
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Rauchverzicht und regelmäßige Bewegung verbessern die Durchblutung.
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FAQ – Häufige Fragen zur Wundinfektion
1. Wie schnell entwickelt sich eine Wundinfektion?
Oft innerhalb von 24–72 Stunden, bei chronischen Wunden auch später.
2. Kann ich eine Wundinfektion selbst behandeln?
Nur sehr leichte Verläufe ohne Warnzeichen. Bei Verschlechterung, Fieber oder starken Schmerzen sofort zum Arzt.
3. Muss jede Wunde abgedeckt werden?
Frische, offene Wunden sollten steril geschützt werden. Der Verband bleibt, bis sich belastbare neue Haut gebildet hat (bei genähten Wunden nach ärztlicher Anweisung).
4. Was bedeutet „sekundäre Wundheilung“?
Die Wunde bleibt zunächst offen, wird gereinigt und mit geeigneten Auflagen versorgt; der Verschluss erfolgt später, wenn das Gewebe sauber ist.
5. Warum ist Tetanus so wichtig?
Tetanusbakterien können über kleine Wunden in den Körper gelangen. Ein aktueller Impfschutz ist die beste Vorsorge.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung (DGfW): Empfehlungen zur modernen Wundtherapie.
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Nationale VersorgungsLeitlinie „Chronische Wunden“ (aktuelle Ausgabe).
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Robert Koch-Institut (RKI): Händehygiene und Wundantiseptik – Präventionsgrundlagen.
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Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH): Antiseptik in der Wundbehandlung.
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Cochrane Library: Feuchte vs. trockene Wundtherapie – Evidenzübersichten.
Hinweis: Dieser Ratgeber ersetzt keine ärztliche Diagnose oder Behandlung. Im Zweifel, bei starken Beschwerden oder Verschlechterung bitte medizinisch abklären lassen.