Wundmanagement kann mehr

KURZÜBERSICHT

Schnell erkennen

  • 8 Wochen ohne Heilungstendenz, Schmerzen, Geruch, Beläge, wiederkehrende Entzündung.

Was hilft

  • Druckentlastung/Kompression, infektkontrollierte feuchte Wundtherapie, Ernährung supporten.

Pflegefokus

  • Dokumentation, Schulung, Adhärenz sichern, Risiken (Diabetes, Durchblutung) adressieren.

Chronische Wunden Beispiele – Ursachen, Behandlung und Pflege im Überblick

Wunden Heilen - Chronische Wunden - Beispiele

Chronische Wunden sind ein zentrales Thema in der Pflege. Sie betreffen Millionen von Menschen in Europa und stellen für Pflegekräfte eine tägliche Herausforderung dar. Trotz moderner Verbandstoffe und Therapien heilen viele Wunden nicht wie erwartet ab. Dieser Überblick bündelt die wichtigsten chronische Wunden Beispiele und zeigt, worauf es in Praxis und Beratung ankommt.

Typische chronische Wunden Beispiele sind:

  • Dekubitus (Druckgeschwür)

  • Ulcus cruris (offenes Bein)

  • Diabetischer Fuß

  • Stagnierende postoperative Wunden

Alle haben unterschiedliche Ursachen, erfordern aber eine professionelle, interdisziplinäre Versorgung – und stets den Blick auf Allgemeinzustand, Ernährung, Mobilität, Schmerz und Infektionsrisiko.

1. Dekubitus – das Druckgeschwür

Definition: Lokale Schädigung von Haut/Gewebe über Knochenvorsprüngen durch anhaltenden Druck, Scherkräfte oder Reibung. Typische Areale: Kreuzbein, Fersen, Trochanter, Hinterkopf.

Risikofaktoren

  • Immobilität oder eingeschränkte Mobilisation

  • Inkontinenz, feuchtes Milieu, Mazera­tion

  • Mangelernährung, Flüssigkeitsdefizit

  • Neurologische Erkrankungen, Sensibilitätsverlust

  • Nicht passende Matratzen/Lagerungshilfen

Pflege und Behandlung

  • Druckentlastung: konsequentes Repositionieren (mind. alle 2–4 Std., individuell), Wechseldruck- oder viskoelastische Matratzen, Fersenfreilagerung.

  • Wundmanagement: phasenadaptierte, feuchte Wundbehandlung; Beläge/Detritus gezielt entfernen (ärztlich initiiertes Débridement), Exsudat steuern, Ränder schützen.

  • Periwundpflege: Feuchtigkeit managen, Hautbarriere stärken.

  • Ernährung: ausreichend Energie und Eiweiß; Mikronährstoffe (z. B. Vitamin C, Zink) im Blick behalten.

  • Infektkontrolle: klinische Zeichen früh erkennen; bei Verdacht ärztliche Abklärung.

Praxis-Hinweis: Ein Dekubitus ist immer ein Signal für Systemfaktoren. Lagerungsplan + Dokumentation + Angehörigenschulung sind entscheidend.

2. Ulcus cruris – das „offene Bein“

Definition: Chronische Wunde am Unterschenkel, meist venös (Ulcus cruris venosum), seltener arteriell (arteriosum) oder gemischt (mixtum).

Risikofaktoren

  • Chronisch venöse Insuffizienz, Varikose, postthrombotisches Syndrom

  • Arterielle Verschlusskrankheit, Rauchen, Hypertonie

  • Alter, Übergewicht, Bewegungsmangel, stehende Tätigkeiten

Pflege und Behandlung

  • Venös: Goldstandard ist Kompression (fachgerecht bemessen; Kurzzugbinden/KS-Strümpfe), Gehtraining, Bein­hoch­lagerung.

  • Arteriell: Durchblutung prüfen (ärztlich), ggf. Revaskularisation; Kompression nur nach Freigabe.

  • Wundbehandlung: Beläge lösen (ärztlich initiiertes Débridement), Exsudat managen, adäquate Auflagen (z. B. Schaum, Alginate), Randpflege.

  • Hautpflege: Schuppung/Ekzem behandeln, rückfettend ohne Okklusion.

  • Selbstmanagement: Strumpf-Adhärenz trainieren, Bewegung fördern, Sturzprophylaxe.

Praxis-Hinweis: Bei Ulcus cruris mixtum sind Ziele oft „Stabilisierung + Beschwerdereduktion“ statt rascher vollständiger Heilung – realistische Zielvereinbarung hilft Adhärenz.

3. Diabetischer Fuß

Definition: Chronische Wunden am Fuß bei Diabetes, getrieben durch Neuropathie (fehlende Schutzsensibilität) und/oder Ischämie (Durchblutungsstörung).

Risikofaktoren

  • Langjähriger Diabetes, Hyperglykämie

  • Druck-/Reibungspunkte (Schuhwerk, Fehlstellungen)

  • Trockene, rissige Haut, Mykosen

  • Vorulzera/Amputationen, Seheinschränkung

Pflege und Behandlung

  • Druckentlastung (Offloading): Orthetik, Vorfußentlastungsschuhe, ggf. Total Contact Cast (ärztlich).

  • Infektionsmanagement: Red Flags ernst nehmen (Rötung, Wärme, Geruch, Eiter, systemische Zeichen).

  • Podologische Pflege: fachgerechtes Nagel-/Hornhaut­management, Pilztherapie.

  • Stoffwechsel: Blutzuckerziele, Lipide, Blutdruck – interdisziplinär.

  • Aufklärung: Tägliche Fußinspektion, passendes Schuhwerk, Strümpfe ohne Nähte.

Praxis-Hinweis: Jede Blase beim Diabetiker ist potenziell ein Ulkus – früh eskalieren statt abwarten.

4. Stagnierende postoperative Wunden

Definition: OP-Wunden, die trotz leitliniengerechter Primärversorgung nach 6–8 Wochen keine Heilungstendenz zeigen.

Risikofaktoren

  • Wundinfektion, Hämatom/Serom, Fremdmaterial

  • Diabetes, Adipositas, Nikotin

  • Kortikosteroide/Immunsuppression

  • Mangelernährung, Anämie

Pflege und Behandlung

  • Aseptik: Verbandwechsel nach Standard, Kontamination vermeiden.

  • Diagnostik: ärztlich – Infektabklärung, Sonografie, ggf. Labor/Wundabstrich.

  • Therapie: Entlastung, ggf. Débridement, Sekundärnaht/NPT (ärztlich).

  • Narbenpflege: sobald verschlossen, schützende Pflege/Silikonauflagen, Dehnungs- und Mobilitäts­schulung.

Praxis-Hinweis: Schmerz ist ein Verlaufsparameter. Neue/steigende Schmerzen → frühzeitig ärztlich re-evaluieren.

Rolle der Pflegekräfte

  • Screening & Prävention: Skalen (Braden/Norton), Fußcheck, Kompressions-Adhärenz, Sturz- und Dekubitusprophylaxe.

  • Dokumentation: Größe, Tiefe, Exsudat, Rand, Geruch, Schmerz, Foto; klare Verlaufsziele.

  • Koordination: Schnittstelle zu Ärzt:innen, Physio, Podologie, Ernährungsberatung.

  • Aufklärung & Coaching: Verbandpflege, Hautschutz, Bewegung, Flüssigkeit, „Eiweiß ist Pflaster von innen“.

  • Ganzheitlicher Blick: Schlaf, Schmerzen, psychosoziale Faktoren, Adhärenzbarrieren.

Zusammenhang zu Leaky Gut

Neuere Arbeiten diskutieren, dass eine gestörte Darmbarriere systemische Entzündungen fördert und Heilung bremsen kann. Für die Praxis heißt das: Bei rezidivierenden Entzündungszeichen, Mangelernährung oder multiplen Risikofaktoren auch Darm- und Ernährungsstatus beachten (Ballaststoffe, Eiweiß, Hydration, Medikamentenreview).

Praxisnahe Ergänzungen

  • Schmerzmanagement: Analgesie nach Bedarf und ärztlicher Anordnung erhöht Mobilität und Verbands­toleranz.

  • Bewegung/Mobilisation: fördert Perfusion, Lymphabfluss, Muskelpumpe – individuell dosiert.

  • Hydration: 30–35 ml/kg/Tag als Richtwert (ärztliche Kontraindikationen beachten).

  • Ernährung: 1,2–1,5 g Eiweiß/kg/Tag; Vitamin C, Zink, Vitamin D je nach Status.

  • Infektzeichen: lokaler Befund + Allgemeinsymptome (Fieber, Schüttelfrost, CRP-Anstieg) → ärztlich abklären.

Checkliste – Chronische Wunden im Pflegealltag

  1. Handelt es sich um eine chronische Wunde (> 8 Wochen)?

  2. Welche Grunderkrankung liegt vor (Diabetes, venös/arteriell, Immobilität)?

  3. Bestehen Risikofaktoren wie Mangelernährung, Nikotin, Infektionen?

  4. Ist die Ernährung/Flüssigkeitszufuhr für die Heilung ausreichend?

  5. Hinweise auf systemische Probleme (z. B. Darmbeschwerden, Entzündungsneigung)?

  6. Therapieziele dokumentiert? Maßnahmenplan und Re-Evaluationstermine gesetzt?

FAQ zu chronischen Wunden

1. Was sind typische chronische Wunden Beispiele?
Dekubitus, Ulcus cruris (venös/arteriell/mixtum), diabetischer Fuß, stagnierende postoperative Wunden.

2. Wie werden chronische Wunden behandelt?
Phasenadaptierte feuchte Wundtherapie, Druckentlastung/Kompression, Infektkontrolle, Mobilisation und gezielte Ernährung sowie Behandlung der Grunderkrankung – im Team.

3. Wie häufig sind chronische Wunden?
Je nach Setting 1–2 % der Bevölkerung; in Pflegeheimen deutlich höher.

4. Können Pflegekräfte chronische Wunden alleine heilen?
Nein – sie sind aber Schlüsselpersonen für Erkennen, Koordination, Aufklärung und Adhärenz.

5. Welchen Einfluss hat der Darm?
Eine gestörte Darmbarriere kann Entzündungen verstärken und Heilung bremsen – Ernährung und Hydration mitdenken.

Quellen

  • EPUAP. Prevention and Treatment of Pressure Ulcers/Injuries. 2019.

  • Rabe E. et al. Epidemiologie des Ulcus cruris. Phlebologie. 2016.

  • WHO. Global report on diabetes. 2020.

  • Weimann A, Braga M, Carli F et al. ESPEN guideline: Clinical nutrition in surgery. Clin Nutr. 2017.

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